In vielen Zeichensätzen existieren mehrere Varianten eines Zeichens. Das offensichtlichste Beispiel ist bei lateinischen Schriften, daß jeder Buchstabe eine kleingeschriebene und eine großgeschriebene Variante besitzt. Ein etwas esoterisches Beispiel ist die in der Renaissance verwendete lange s-Variante am Anfang und in der Mitte eines Wortes, während das kurze s nur am Ende eines Wortes verwendet wurde.
Die meisten arabischen Zeichen haben vier Varianten (Anfang, im Wort, am Ende und alleinestehend).
Ziffern haben oft mehrere Varianten: Tabellarische Ziffern (in denen alle Ziffern die selbe Schrittweite besitzen, so daß Zahlentabellen nicht unregelmäßig aussehen), proportionale Ziffern (jede Ziffer besitzt eine ihrer Form entsprechende Breite) und altmodische oder kleingeschriebene Ziffern ().
Einige der genannten Varianten sind in den Codierungen enthalten (wie die Unterscheidung zwischen Klein- und Großschreibung), in anderen Fällen sollte dem Schriftsatz Zusatzinformation hinzugefügt werden, so daß die Textverarbeitung diese Varianten erkennt (Arabisch liegt zwischen diesen beiden Fällen, die verschiedenen Formen sind in der Codierung enthalten, aber es muss auch Zusatzinformation bereitgestellt werden).
Angenommen der Fall der oben beschriebenen Ziffern. Das Zeichen "eins"
enthalte die tabellarische Variante der eins, das Zeichen "eins.prop"
enthalte die proportionale Variante und "eins.altmodisch" die
kleingeschriebene Variante. "Eins" wird aus der Schriftsatzansicht
ausgewählt, dann, Bearbeiten->Zeicheninformation
,
und im Subs
-Tab der [Neu]
Knopf gedrückt,
woraufhin ein neuer Dialog erscheint.
Im Komponenten-Feld wird "eins.prop" eingegeben,
"Proportionale Zahlen" aus der Auswahlliste eingestellt (verändert sich nach "pnum"),
und der gewünschte Schriftsatz gewählt (die Schrift 'latn' und Sprache
'dflt' decken viele Fälle ab). Anschliessend wird mit [Ok]
bestätigt.
Einige Variantenformen sind in FontForge eingebaut und wenn
Element->Typo. Eigenschaften->Default ATT->(Variantenname)
verwendet wird, kann FontForge diesen Prozess u.U. automatisieren.
(Anmerkung: Type0, Type1 und Type3 PostScript-Schriften haben keine Notation, um dies zu behandeln. Um diese Varianten zu erzeugen, muß entweder eine OpenType or TrueType-Schrift verwendet werden).
FontForge unterstützt die kontextbezogenen Ersetzungstabellen und die verketteten kontextbezogenen Ersetzungstabellen von OpenType und in geringerem Umfang die kontextbezogenen Zeichenersetzungstabellen von Apple. Das bedeutet, daß bedingte Varianten im Schriftsatz eingesetzt werden können. Auf der nächsten Seite wird hierauf im Detail eingegangen.
Einige Schreibschriften (Arabisch, Hebräisch) erfordern Vokalmarkierungen um die Haupttextzeichen herum. Für andere (einige Varianten von Latein und Griechisch) gibt es so viele mögliche Akzentkombinationen, daß vorgefertigte Zeichen für alle Kombinationen nicht handbar sind.
In OpenType (einschliesslich Microsofts TrueType) ist es möglich, an allen Basiszeichen einzustellen, an welchen Stellen Markierungen angebracht werden sollten und an allen Markierungen, wo Basiszeichen angebracht werden sollten. Folglich könnte ein Anker zentriert über ein großes A gesetzt werden, der angibt, daß alle Akzente (aigu, grave, Umlaut, circonflex, tilde, macron, ring, caron, ....) dort ansetzen sollten. Unterhalb aller Akzente könnte ein weiterer Anker gesetzt werden, so daß wenn diese zwei Zeichen im Text adjazent sind, die Textverarbeitung den Akzent automatisch über das "A" setzt.
+ | => |
Nicht alle Akzente sitzen zentriert über dem Buchstaben (Punkt und ogonek liegen unterhalb) des Zeichens, so daß u.U. mehrere Anker für verschiedene Markierungsstile benötigt werden.
Schließlich können einige Buchstaben auch mehrere Akzente besitzen, z.B. ist U+1EA4 ein A mit einem Circonflex und einem Aigu. Normalerweise setzen Circonflex und Aigu an der selben Stelle an, was in diesem Fall sowohl wenig attraktiv als auch verwirrend wäre. Stattdessen kann eine andere Art Anker an dem Circonflex erzeugt werden (ein Markierung-zu-Markierung-Anker), dem Accent Aigu wird dann mitgeteilt, daß er an diesem Anker ansetzen soll.
Bevor in einem Zeichen Anker erzeugt werden können, muß FontForge
mitgeteilt werden, daß die Schriftart Anker verwendet.
Hierzu wird für jede Art von Zeichenanhang jeweils eine
Ankerklasse definiert,
im oben beschriebenen Beispiel oben also zwei. Der Dialog
für den Befehl
Element->Schriftinformation->Ankerklassen
erlaubt die Eingabe dieser Information.
Dann wird in jedem Zeichen, daß Anhänge besitzen soll, zunächst die
Stelle angeklickt, an der der Anker erstellt werden soll und dann der
Befehl Punkt->Anker hinzufügen
aufgerufen.
Das Aussehen eines Zeichens im Zusammenspiel mit anderen kann mit
Hilfe von Metriken->Ankerkontrolle...
betrachtet und korrigiert werden.
Eine Warnung zu Anhangsmarkierungen: Sie werden nicht von jeder Software unterstützt, schlimmer noch, einige Programme könnten diese für gewisse Schriften unterstützen, für andere dagegen nicht.
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